Liebe Tierfreunde,
das tierärztliche Notdienstsystem befindet sich seit längerer Zeit in der Krise. Nachdem dieses auch in den Kliniken mittlerweile aufgrund des erhöhten Personal- und Gehaltsgefüges durch die Arbeitsschutzgesetze nicht mehr funktioniert, haben viele Kliniken aus diesen Gründen ihren Klinikstatus abgegeben haben und bieten daher als Folge keinen Notdienst mehr an bzw. nur noch sehr eingeschränkt. Die Regierung hat darauf reagiert und eine neue Notdienstverordnung beschlossen.
Die Arbeitsschutzgesetze sind durchaus sinnvoll und auch Sie profitieren sicherlich von den Bestimmungen, doch leider ist die bittere Folge für uns Tierärzte, dass wir kaum noch bezahlbare Notdienste anzubieten in der Lage sind. Denn der Tierarzt im Notdienst muss schließlich bezahlt werden. Hinzu kommt, dass 90% aller neu zugelassenen Tierärzte Frauen sind, die oft aufgrund ihrer Kinder ein anderes Arbeitsmodell benötigen und deswegen gerade nachts, am Wochenende oder an den Feiertagen nicht arbeiten können oder wollen. So haben die Kliniken wie auch die Haustierärzte nicht nur ein ausschließlich finanzielles Problem, sondern es kommt häufig schlichtweg zu Personalmangel spezifisch in den Notdienstzeiten.
Natürlich machen wir Tierärzte unseren Job in erster Linie aufgrund unserer Tierliebe, doch unser Job ist zweifellos anstrengend – einerseits aufgrund der Arbeitszeiten, andererseits aufgrund der massiven emotionalen Belastung, denn wir können nicht jedes Tier retten (manchmal könnten wir es sogar in schweren Fällen, doch der Besitzer möchte nicht in sein Tier „investieren“). Aus damit verbundenen Negativemotionen arbeiten viele Tierärzte am Rande eines Burnouts und wahrscheinlich deswegen weist der Tierarztberuf nachweislich eine der höchsten Selbstmordraten auf.
Aus diesen Gründen versuchen wir in unserer Praxis schon lange einen Mittelweg zu finden: Einerseits für Ihr Tier da zu sein und andererseits aber ein freundliches Arbeitsklima für unsere Angestellten aufrecht zu erhalten. Nicht ohne Grund haben wir ganz bewusst ein langjähriges, gut eingearbeitetes Team mit motivierten und erfahrenen Mitarbeitern aufgebaut.
Was besagt nun die neue Notdienstverordnung?
Gemäß der Verordnung sind ab 18 Uhr wochentags und generell Samstags und Sonntags neue Notdienstsätze zu entrichten. So müssen wir nun außerhalb unserer Wochentagssprechstunden (Mo-Fr) ab Ende der Sprechstunde oder aber auch wenn ein Notfall durch längere Diagnostik und Behandlung außerhalb der Sprechstunde behandelt wird, ab dem 01.01.2020 einen Notdienstzuschlag für ALLE Tierarten von 50,- EUR zzgl. MwSt. erheben und es muss dabei mindestens der 2fache Satz nach GoT abgerechnet werden.
Dieses gilt leider auch für unsere samstägliche Terminsprechstunde, wenn Sie ohne Termin als Notfall in unsere Praxis kommen sowie auch auch für Sonntag die Notfallsprechstunde, soweit wir Sie nicht explizit zur Nachbehandlung einbestellt haben.

Die neue Notdienstverordnung stellt sicher, dass Ihr Tier weiterhin auch an Sonn- und Feiertagen und nach Sprechstundenende rund um die Uhr medizinisch versorgt werden kann.
Für Sie als Kunden und verantwortlicher Tierbesitzer bedeutet die neue Verordnung erhöhte Kosten, allerdings war diese Notfallverordnung bitter nötig, um die Notfallbehandlung Ihrer Tiere auch durch die Kliniken aufrecht zu erhalten. Wenn nun eine Notfallbehandlung wesentlich teurer ist als früher, so hinterfragen Sie aber bitte auch, wie viel Sie für einen Handwerker im Notdienst bezahlen. Und dieser musste nicht 5-6 Jahre oder länger auf eigene Kosten studieren und muss auch nicht jedes Jahr ebenfalls auf eigene Kosten eine erquickliche Anzahl an Fortbildungsstunden nachweisen.
Dies alles machen wir aus Überzeugung für unseren Beruf, der mehr eine Berufung ist, aber diese muss uns auch eine würdige Existenz bieten.
In anderen Ländern mit ähnlicher Struktur wie unserem Land sind die Preise weitaus höher. Dazu nur ein Beispiel: In den USA kostet eine Zahnbehandlung eines Tieres gewöhnlich umgerechnet 1.000 bis 3.000 Euro, weswegen sich dort aus diesem Grund Tierkrankenversicherungen etabliert haben. Wir empfehlen daher mittlerweile immer eine reine OP-Versicherung bei Hund und Katze abzuschließen. Natürlich werden angesichts der steigenden Kosten auch die normalen Tierkrankenversicherungen jenseits von Operationen interessant. So sind Sie für unvorhergesehene Notfälle finanziell geschützt und ihr Tier hat die Sicherheit, eine optimale Behandlung zu erfahren.
Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag für Sie ein wenig Licht in die Ursachen und Hintergründe des neuen Notdienstgesetzes bringen und Ihnen differenziert aufzeigen, dass es sich bei dem Gesetz nicht um eine Unterstützung angeblicher „Geldgier“ der Tierärzte handelt, wie es sicherlich diffamierend schon bei Facebook verbreitet wird.
Mit herzlichen und tierlieben Grüßen,
Ihre Tierärztin
Patricia Kleen